Feuerwehr trainierte Vorgehen bei ABC- Gefahrstoffen
Nicht zuletzt das Reaktorunglück im japanischen Fukushima lenkte die Aufmerksamkeit der Weltbevölkerung auf Gefahrstoffunfälle. Auch hierzulande ereignen sich mehrmals im Jahr Unfälle, bei denen ein gefährlicher Stoff austritt, oder es zu Reaktionen solcher Stoffe kommt. In der Erstphase müssen hierzu die anliegenden Feuerwehren Hilfe leisten und entsprechende Spezialkräfte heranziehen. Schon seit 1986 bilden die Feuerwehren Wiesloch und Rauenberg den sogenannten Gefahrgutzug des südlichen Rhein-Neckar-Kreises. Mit ihren Sondergerätschaften wurden die beiden Wehren schon oftmals im Kreisgebiet bei Gefahrgutunfällen tätig. Um auch in Zukunft für solche Einsatzlagen gewappnet zu sein, trainierten die ehrenamtlichen Helfer ihr Vorgehen am vergangenen Wochenende. Der Ganztagesausbildung am 16. Juli waren Standortausbildungen in den beiden Weinstädten vorausgegangen. Als Schwerpunkt in den Theorieeinheiten zählte dieses Jahr der Einsatz bei Unfällen mit atomaren Stoffen. Hierbei wurde das richtige Verhalten und Vorgehen bei solchen Stoffen vermittelt. Denn: Nicht nur das nahe Kernkraftwerk in Philippsburg bietet sich hierbei als potenzielle Gefahr für die Bevölkerung und Feuerwehr an. Vielmehr kann man solche Stoffe in kleineren Mengen in Arztpraxen oder Stückguttransporten auf den Verkehrswegen antreffen. Stellt man sich beispielsweise einen Verkehrsunfall mit einem Stückguttransporter vor, bei dem ein strahlender Bestandteil der Ladung freigesetzt wird, so ist dies nicht fern jeglicher Realität. Gerade auf der Bundesautobahn 6 rollen täglich fast 30.000! Lastwagen vor der Haustüre vorbei – die Ost-West-Autobahn zählt das höchste LKW-Aufkommen Deutschlands. Nicht wenige Fahrzeuge davon transportieren gefährliche Güter und bilden ein mögliches Risiko, dem die hiesigen Feuerwehren gerecht werden müssen.Sollte es tatsächlich zu einem Unfall mit atomaren, chemischen oder biologischen Stoffen kommen, gehen die Feuerwehren einem standardisierten Vorgehen nach. So werden zunächst Personen aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich gerettet, eine Gefahrengrenze eingerichtet und der Stoff schnellstmöglich identifiziert. Im Anschluss daran wird versucht Leckagen zu schließen oder das Medium durch andere Maßnahmen zu sichern. Dabei gehen die Feuerwehrleute nur unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen vor, um die eigene Gesundheit nicht zu gefährden – so beispielsweise auch bei dem Gefahrgutunfall im vergangenen Herbst, auf den Abfallanlagen der AVR in Wiesloch.Dieses Vorgehen wurde am vergangenen Wochenende bei zwei Fallbeispielen geübt. Hierzu konnten die Einsatzkräfte das Abdichten an einem Spezialtank der Feuerwehr Heidelberg sowie den Gesamtablauf eines Einsatzgeschehens proben. Ein Fallbeispiel befasste sich mit dem Austritt eines Gefahrstoffs aus eben diesem Übungstank. Nach dem Zusammenprall mit einem Transporter sollte dieser Tank leckgeschlagen sein. Speziell war dabei die Tatsache, dass das Medium mit Wasser heftige Reaktionen auslöste. Deshalb wurde zur Sicherung des Brandschutzes Speziallöschmittel des Wieslocher Tanklöschfahrzeugs bereitgestellt. Gleichzeitig sicherten Einsatzkräfte unter Verwendung von Chemikalienschutzanzügen die Leckage am Tank ab und retteten den Fahrer des beteiligten LKW. Hierzu verwendeten sie auch Spezialmaterialien des Rauenberger Gefahrgut-Gerätewagen. Zur schnellen Identifizierung des Stoffs zog die Einsatzleitung Position. Hier wurde in Gefahrgut-Literatur recherchiert und dem Einsatzleiter die Eigenschaften des Mediums genannt. Zügig wurde der Stoff identifiziert, gesichert und umgepumpt. Gegen Ende wurde der eingesetzte Trupp noch vorsichtig dekontaminiert, um eine Verschleppung des Gefahrguts zu verhindern. Mit einer abschließenden Manöverkritik endete der erste Teil des Übungstags.Beim zweiten Übungsszenario am warmen Nachmittag sollte ebenso ein „normaler“ Verkehrsunfall das Zentrum des Geschehens darstellen. Aus einem geschlossenen LKW trat bei Ankunft der Einsatzkräfte eine unbekannte Substanz aus. Ein weiteres Tankfahrzeug mit mehreren tausend Litern Kraftstoff blieb hingegen unbeschädigt. Auch hier musste zunächst einen Person aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich gerettet werden. Gleichzeitig verschafften sich die, wie Marsmenschen wirkenden Feuerwehrleute Zugang zum LKW und übermittelten die verschiedenen Stoffbezeichnungen. Mit Wannen und Pumpen wurde die Substanz fortgeleitet und versucht die Leckage abzudichten. Parallel dazu wurde der Brandschutz sichergestellt und die aufwändige Dekontaminations-Anlage errichtet. Auch hier fand im Anschluss eine Manöverkritik statt, um Verbesserungspotenziale anzusprechen und Übungserfolge zu würdigen. Abteilungskommandant Jürgen Bodri bedankte sich zum Ende bei den Übungsteilnehmern aus Rauenberg, Wiesloch und Baiertal für die Mitarbeit und den Übungsleitern für die hervorragende Ausrichtung des Praxistags.Auch in Zukunft werden die Wehren auf Gefahrstoffunfälle vorbereitet sein, wenngleich sie hoffentlich nie in unserer Region eintreten.